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Wissenswertes zum Start der KV-Verhandlungen des FMMI

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Facts, Figures & Mythen

Der Fachverband der Maschinen und Metallwaren Industrie (FMMI) steht unmittelbar vor der Eröffnung seiner KV-Verhandlungen mit den Gewerkschaften am 24. September. Die Branche spĂŒrt nach wie vor die Folgen der 2008 ausgebrochenen Krise, die Zeichen stehen fĂŒr viele Unternehmen auf Sturm. Im Rahmen der KV-Verhandlungen wird es daher darum gehen, gemeinsam mit den Gewerkschaften fĂŒr beide Seiten faire Lösungen zu finden, die die BeschĂ€ftigung in der Branche absichern.

Seit 2012 verhandelt die MMI mit den Gewerkschaften ihren Kollektivvertrag direkt und eigenstĂ€ndig, um ihre spezifischen Rahmenbedingungen und großen Herausforderungen gezielt anzusprechen. Am 24. 9. findet die diesjĂ€hrige Eröffnungsrunde statt – spĂ€ter als vom FMMI angestrebt. Dieser urgierte Verhandlungen seit dem FrĂŒhjahr, um seinen Mitgliedern angesichts der bevorstehenden schwierigen Zeiten möglichst viel Planungssicherheit zu verschaffen.

Der harte internationale Wettbewerb und die stĂŒrmische Zukunft erfordern intelligente Lösungen im Kollektivvertrag. Der im FrĂŒhjahr von den Gewerkschaften prĂ€sentierte sogenannte „Flexibilisierungsvorschlag“ wĂŒrde den in Österreich ohnehin schon teuren Faktor Arbeit fĂŒr die Betriebe im Gegenteil noch um zusĂ€tzliche 8 % verteuern. Die Gewerkschaften hatten ihre GesprĂ€chsbereitschaft zum Thema Arbeitszeit zudem an die Bedingung geknĂŒpft, dass sich die FachverbĂ€nde der frĂŒheren KV-Verhandlungsrunde wieder gemeinsam an den Tisch setzen. FĂŒr den FMMI ist das keine Option. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass es unmöglich ist, in der großen, inhomogenen Runde die spezifischen Rahmenbedingungen der Branche zu adressieren.

Die Maschinen und Metallwaren Industrie

Die Branche ist mit ca. 80 % KMU-Anteil kleinteilig strukturiert, ĂŒber 85 % der Betriebe sind Familienunternehmen. Die Menschen in der MMI stehen nicht am Hochofen und arbeiten nicht in der Massenfertigung. Als SpezialistInnen stellen sie z. T. in Handarbeit Kleinstserien oder Einzelanfertigungen her, sind aber fĂŒr rund 24 % des gesamten österreichischen Produktionswertes und 23 % der heimischen Exporte verantwortlich.
Die MMI ist mit rund 120.000 BeschĂ€ftigten in 1.200 Unternehmen der grĂ¶ĂŸte Fachverband der Industrie, stellt 30 % der Industrie-ArbeitsplĂ€tze und bildet rund 40 % der Industrielehrlinge aus. Die Unternehmen der MMI zahlen ĂŒberdurchschnittlich gut. 2012 waren es im Durchschnitt 14 Brutto-MonatsbezĂŒge Ă  € 2.700,-fĂŒr Arbeiter und rund € 4.000,- fĂŒr Angestellte. Damit verdienen die BeschĂ€ftigten in der österreichischen MMI deutlich besser als der EU-Durchschnitt.
Im Durchschnitt weisen die Betriebe der personalintensiven Branche eine Lohntangente (Personalaufwand an der Betriebsleistung) von rund 25 % auf. Viele liegen aber weit darĂŒber, es gibt auch Lohntangenten von bis zu 75 %. Und die Branche ist nicht nur besonders standorttreu, sie hĂ€lt auch unter schwierigsten Bedingungen an ihrem Mitarbeiterstand fest. WĂ€hrend etwa der Produktionswert in der letzten Krise um ĂŒber 20 % fiel, sank die BeschĂ€ftigung um nur ca. 4 %.

Der Konjunktur-Ausblick: Weiterhin besorgniserregend

Inmitten der globalen Turbulenzen geht es der österreichischen Wirtschaft nicht gut, derzeit stagniert sie. Das WIFO prognostiziert fĂŒr 2013 eine gesamtwirtschaftliche ProduktivitĂ€t von -0,3 %.
In der MMI sieht es noch weniger erfreulich aus. Im ersten Quartal sank der Absatz um 3,6 %, die AuftragseingĂ€nge gingen in diesem Zeitraum um 4,6 % zurĂŒck. Im April und Mai ging es mit -5,1 % bei den AuftrĂ€gen noch mehr bergab. Gestiegen ist allerdings die Zahl der BeschĂ€ftigten: +1,1 % mit Stand Mai.
Die österreichische MMI lebt zu rund 2/3 von Exporten - einer der wichtigsten Abnehmer ist Deutschland. Deshalb kann das SchwĂ€cheln der deutschen Branche dramatische Folgen fĂŒr Österreich haben. Der deutsche Fachverband VDMA meldete im ersten Halbjahr -4 % Exporte und -1 % bei den AuftrĂ€gen. Und die deutschen Maschinenbauer bauen bereits MitarbeiterInnen ab.

Industrieland Österreich?

Laut World Economic Forum Ranking 2013 belegt der Standort Österreich mit Platz 16 von 148 zwar insgesamt einen der vorderen PlĂ€tze. Aber bei wesentlichen Kriterien ist Österreich sehr weit abgeschlagen. So ist Österreich Vorletzter im Bereich „FlexibilitĂ€t bei der Entlohnung“. Die sehr zentralisierte, starre Lohnfindung nimmt laut WEF den Betrieben die FlexibilitĂ€t, um auf VerĂ€nderungen in der Nachfrage reagieren zu können. Diese ist aber ein wesentlicher Hebel zur BeschĂ€ftigungssicherung.
Die Arbeitskosten in Österreich gehören international zu den höchsten. Die auf die Löhne und GehĂ€lter aufgeschlagenen Lohnnebenkosten sind nach Frankreich und Belgien europaweit die dritthöchsten. Die ArbeitnehmerInnen sehen aber von den Aufwendungen der ArbeitgeberInnen pro Stunde verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig wenig auf ihrem Gehaltskoto und profitieren auch vergleichsweise wenig von KV-Erhöhungen.
Gleichzeitig steigen die LohnstĂŒckkosten seit Jahren schneller als jene wichtiger Mitbewerber. Laut EU-Kommission wuchsen sie 2012 um 3,5 %, wĂ€hrend sie in Deutschland um 2,8 und in der EU um 1,8 % stiegen. Die Schweiz verzeichnete im Vergleich nur ein Plus von 1,5 %. Die GrĂŒnde dafĂŒr sind die hohen Lohnnebenkosten und Steuern, u.a. dank der dritthöchsten Anzahl bezahlter nicht gearbeiteter Stunden in der EU (EIRO-Studie von 2012).

Mythen und Fakten rund um die KV-Verhandlungen
Unkenntnis der tatsĂ€chlichen Rahmenbedingungen der Branche und diverse IrrtĂŒmer machen eine rationale Diskussion und sachliche KV-Verhandlungen schwierig. Im Folgenden daher einige der hartnĂ€ckigsten Mythen – und die wahre Sachlage.

  • Es gibt keinen „Metaller-KV“. Die FachverbĂ€nde haben ihre KV schon immer selbststĂ€ndig abgeschlossen und sind lt. § 4 Arbeitsverfassungsgesetz die zustĂ€ndigen Tarifpartner. 2012 hat der FMMI begonnen, diese ihm ĂŒbertragene Verpflichtung selbststĂ€ndig und direkt auszuĂŒben.
  • Die Behauptung, dass ManagergehĂ€lter unverhĂ€ltnismĂ€ĂŸig hoch seien und die Betriebe ihre Gewinne an AktionĂ€re ausschĂŒtten, anstatt sie zu reinvestieren, ist kein Thema der Maschinen und Metallwaren Industrie:
    - Nur 18 der rund 1.200 Betriebe sind börsennotiert. Davon gehören nur zwei Mitglieder zum Top-Segment auf der ATX-Liste.
    - Die Branche besteht zu ĂŒber 80 % aus Familienunternehmen, die langfristig denken und in den Betrieb investieren. So wendet die MMI rund 800 Mio. Euro pro Jahr fĂŒr Forschung und Entwicklung auf.
    - Im Durchschnitt liegen die GehĂ€lter des Top-Managements in der MMI bei rund dem Dreifachen eines Angestellten und etwa dem FĂŒnffachen eines Arbeiters. ErfolgsabhĂ€ngige PrĂ€mien kommen immer seltener zum Tragen.
  • Die MilchmĂ€dchenrechnung „Weniger Überstunden ergibt mehr ArbeitsplĂ€tze“ und „38,5 Stunden sind ein Arbeitsplatz“ stimmt nicht, denn:
    - Arbeit von FachkrĂ€ften kann nicht beliebig umverteilt werden, gerade in einer hochspezialisierten Branche braucht es fĂŒr die jeweiligen Aufgaben die passenden MitarbeiterInnen – und die Arbeit fĂ€llt immer unregelmĂ€ĂŸiger an.
    - Betriebe können keinen Personalstand aufbauen, der gemessen an den UmsĂ€tzen unbezahlbar ist. Arbeitsspitzen stehen zunehmend auftragsarmen Phasen gegenĂŒber, die Rechnung muss sich unter dem Strich ausgehen.
  • Die Behauptung, die Arbeitgeber fordern einen 12-Stunden-Tag, stimmt nicht.
    Es geht vielmehr darum, bei Auftragsspitzen auch mehr arbeiten zu können. Die Normalarbeitszeit soll gleich bleiben. Und: Der 12-Stunden-Tag ist im Arbeitszeitgesetz bereits vorgesehen. Er mĂŒsste nur von den KV-Partnern intelligent umgesetzt werden.
  • Die Behauptung, dass MitarbeiterInnen durch eine Umverteilung der Normalarbeitszeit aufgrund der Auftragslage um ihre ÜberstundenzuschlĂ€ge gebracht werden sollen, stimmt nicht. Betriebe sollen die Möglichkeit haben, die Normalarbeitszeit so zu verteilen, dass sie bei Unterauslastung ihre Belegschaft stabil halten können.
  • Die Behauptung, dass die BeschĂ€ftigten in der österreichischen Industrie sehr viele unbezahlte Überstunden leisten, stimmt nicht.
    Die Anzahl derer, die ĂŒber 40 Stunden/Woche arbeiten, liegt in der MMI laut Eurofund-Zahlen nur bei 19,1 %. Das ist weniger als in Frankreich (19,7 %) und um 10 % weniger als der Durchschnitt der EU 27. Bei den jĂ€hrlichen bezahlten, aber nicht gearbeiteten Stunden (Urlaub + Feiertage) liegt Österreich mit 287 Stunden an 3. Stelle in der EU.

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