Maschinen-, Metallwaren- und GieĂereiindustrie: Brexit belastet Branche und Standort, Unternehmen rechnen mit Stagnation
Sinnvolle Reformen statt wirtschaftspolitischer âSelbstmordâ
(Wien, 3.7.2016) Die österreichische Maschinen-, Metallwaren- und GieĂereiindustrie (MMGI) ist Ăsterreichs stĂ€rkste Branche und sichert indirekt mehr als eine Viertelmillion ArbeitsplĂ€tze. Das Brexit-Votum ist fĂŒr die Branche von Bedeutung: Das Vereinigte Königreich ist der 7-wichtigste Absatzmarkt, rund 4 % der österreichischen Maschinen- und Metallwarenexporte gehen dorthin, das entspricht jĂ€hrlich einem Wert von rund 1,1 Milliarden Euro. Viele Unternehmen haben in UK auch BetriebsstĂ€tten und Tochterfirmen aufgebaut â insgesamt beschĂ€ftigten die 111 Auslandstöchter österreichischer Unternehmen der MMGI 2015 ĂŒber 32.600 Mitarbeiter im Vereinigten Königreich.
Aktueller Konjunkturausblick: Stagnation auf allen Ebenen
Der aktuelle Branchenausblick im Konjunkturtest von Juni erwartet fĂŒr die nĂ€chsten drei Monate eine gleichbleibende Produktionsentwicklung (Daten erhoben noch vor Brexit-Votum). Die AuftragsbestĂ€nde im Maschinenbau liegen allerdings auf schwachem Niveau, der Trend geht nach unten. Insgesamt rechnen die Unternehmen mittelfristig mit Stagnation. Nicht erst seit dem Brexit-Votum ist die Branche enorm unter Druck: Seit mehreren Jahren gibt es wenig bis kaum Wachstum, die Investitionen im Inland sinken, stattdessen wird immer mehr im Ausland investiert und produziert. Bei der BeschĂ€ftigung kam es 2015 zu einem RĂŒckgang. Ăsterreich gehört zu den LĂ€ndern mit den am stĂ€rksten wachsenden industriellen Arbeitskosten. Zwischen 2007 und 2014 ist ein Anstieg von 23,07 % zu verzeichnen. Auch die LohnstĂŒckkosten erhöhen sich seit Jahren schneller als jene der Mitbewerber, seit 2008 um stolze + 15,9 %. Im EU-Schnitt stiegen sie vergleichsweise nur um 9,8 %, in der Schweiz um 3,5 %.
Christian Knill, Obmann des Fachverbandes der Maschinen-, Metallwaren- und GieĂereiindustrie: âWir sehen einen echten Strukturbruch: die BeschĂ€ftigung ist nun schon im zweiten Jahr rĂŒcklĂ€ufig, die Produktion bewegt sich seitwĂ€rts. Und die aktuellen Konjunkturprognosen werden von den Wirtschaftsforschern praktisch monatlich zurĂŒckgenommen. Kurz gesagt: Es zieht sich und es wird Zeit, gegenzusteuern.â
- Eine echte und deutliche Senkung der Lohnnebenkosten um 5%.
- Steuerliche Entlastung fĂŒr Betriebe und Schaffung von Investitionsanreizen, etwa durch FreibetrĂ€ge und vergĂŒnstige Abschreibungen.
- EntbĂŒrokratisierung der regulatorischen Rahmenbedingungen. Sofortige Implementierung des one-in, two-out Prinzips auf allen Verwaltungsebenen: Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht, Genehmigungsverfahren, Arbeitsrecht. Auch auf EU-Ebene sollte sich die Bundesregierung dafĂŒr einsetzen. FĂŒr jede neue Regelung muss eine andere Ă€ltere aufgelöst werden.
- Flexibilisierung der Arbeitszeit ohne Erhöhung der Jahres-Gesamtarbeitszeit. Es braucht praktikable Höchstarbeitszeitgrenzen, um auf die enormen Auftragsschwanken reagieren zu können. Daher sollte es möglich sein, in Spitzenzeiten 12 Stunden pro Tag arbeiten zu können. Die Vereinbarungen dazu sollten auf Betriebsebene getroffen werden können. Arbeiten, wenn Arbeit da ist, lautet der Zugang.
No-Gos ArbeitszeitverkĂŒrzung und Maschinensteuer
Jede Form der bezahlten ArbeitszeitverkĂŒrzung, egal ob eine VerkĂŒrzung der Wochenarbeitszeit oder der erleichterte Zugang zur 6. Urlaubswoche, ist fĂŒr Knill âGift fĂŒr den Standort, weil sie die Arbeitskosten erhöht, anstatt sie zu senken. Es ist schlicht unmöglich, vor allem in diesen volatilen Zeiten, mit höheren Kosten Wachstum zu generieren.â Die Gewerkschaften und die SPĂ sollten das endlich akzeptieren und von diesen weltfremden Forderungen Abstand nehmen, denn genau das fĂŒhrt zu dem von Bundeskanzler Kern so gerne zitierten âSelbstmordâ, in diesem Fall wirtschaftspolitisch. Stattdessen sollten sie gemeinsam mit der Industrie konstruktiv an Lösungen fĂŒr mehr Wachstum arbeiten.
Christian Knill abschlieĂend: âUnsere Branche hat in den letzten Jahren mehrere tausend ArbeitsplĂ€tze verloren. Wir können den Turnaround schaffen und wieder zum Wachstumsmotor Ăsterreichs werden. Aber das geht nur, wenn die Rahmenbedingungen verbessert werden. Wir sind uns unserer Verantwortung fĂŒr den Standort bewusst und bereit fĂŒr Investitionen. Aber diese mĂŒssen gefördert und nicht behindert werden. Derzeit ist von einem New-Deal aber leider weit und breit nichts zu spĂŒren.â
WeiterfĂŒhrende Links:
Branchenausblick bzw. Konjunkturtest Juni
Daten und Fakten zur Maschinen-, Metallwaren und GieĂereiindustrie
Ăber den FMMGI
Die Maschinen-, Metallwaren- und GieĂereiindustrie umfasst in Ăsterreich alle Unternehmen aus den Industriezweigen Maschinenbau, Anlagenbau, Stahlbau, Metallwaren und GieĂerei. Mit ĂŒber 1.200 Unternehmen und 118.000 BeschĂ€ftigten erwirtschaftete die Maschinen- und Metallwarenindustrie im Jahr 2015 einen Produktionswert von 33,4 Milliarden Euro. Die GieĂereiindustrie mit 7.000 BeschĂ€ftigten erzielte einen Produktionswert von 1,5 Milliarden Euro. Die mittelstĂ€ndisch strukturierte Branche stellt das RĂŒckgrat der industriellen BeschĂ€ftigung in Ăsterreich dar.
Oberstes Ziel des Fachverbandes ist die Mitwirkung an der Gestaltung von maĂgeblichen rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, um den erfolgreichen Fortbestand der Unternehmen der Maschinen-, Metallwaren- und GieĂereibranche im internationalen Wettbewerb zu sichern.
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