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Streik | Betriebsversammlung

Streik & Betriebsversammlungen

RECHTLICHE INFORMATION

Wie lange vorher ist eine Betriebsversammlung einzuberufen?
§ 1 Abs. 3 der Betriebsrats-GeschÀftsordnung (BR-GO) sieht eine Einberufung eine Woche
vor dem Stattfinden der Betriebsversammlung vor, sofern nicht wichtige GrĂŒnde eine sofortige
Einberufung erfordern. Da es sich jedoch dabei nur um eine Formvorschrift handelt, kann
alleine aus einer allenfalls verkĂŒrzten Frist noch auf keine Rechtswidrigkeit geschlossen
werden.

Welchen Inhalt darf eine Betriebsversammlung rechtlich zulÀssigerweise haben?
GemĂ€ĂŸ § 39 Abs. 1 ArbVG ist das primĂ€re Ziel der Bestimmungen ĂŒber die Betriebsverfassung
und deren Anwendung – und daher auch der Diskussionsinhalt von Betriebsversammlungen
– die HerbeifĂŒhrung eines Interessenausgleichs zum Wohl der Arbeitnehmer und des
Betriebes. Diese Bestimmung wird in weiterer Folge durch § 42 Abs.1 Z.1 ArbVG dahingehend
prÀzisiert, dass Inhalt einer Betriebsversammlung vornehmlich die Behandlung von Berichten
des Betriebsrates zu sein hat. Eine EinschrÀnkung auf bestimmte zulÀssige Themen in der
Berichterstattung des BR besteht zwar nicht, jedoch ist aus dem Gesetz klar ableitbar, dass
eine Betriebsbezogenheit vorliegen muss. Dies bedeutet insbesondere, dass eine
Betriebsversammlung nicht zu politischen Kundgebungen oder Meinungsbildungen
herangezogen werden darf (z.B. Beschlussfassung ĂŒber gewerkschaftliche
Kampfmaßnahmen). Die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen siehe weiter unten beim
AufzĂ€hlungspunkt „Protestversammlung“.

MĂŒssen Arbeitnehmer an der Betriebsversammlung teilnehmen bzw. haben
Arbeitnehmer einen Entgeltanspruch wÀhrend der Betriebsversammlung?

Eine Teilnahmepflicht ergibt sich weder aus den Bestimmungen des
Arbeitsverfassungsgesetzes, noch kann sie zulÀssigerweise Inhalt eines Arbeitsvertrages
sein. Die Nicht-Teilnahme an der Betriebsversammlung ist fĂŒr den Arbeitnehmer sanktionslos.
GemĂ€ĂŸ § 47 Abs.1 ArbVG besteht kein Anspruch auf Weiterzahlung des Entgelts. Dieser kann
sich allenfalls aus einer Betriebsvereinbarung, in der die Entgeltfortzahlung zugesagt wurde,
oder aus der betrieblichen Übung ergeben.

Die Betriebsversammlung wird nicht formal beendet, sondern nur unterbrochen und bei
Bedarf fortgesetzt. Welche Rechtsfolgen hat dies?

In der Vergangenheit wurde den BetriebsrÀten von den Gewerkschaften empfohlen,
Betriebsversammlungen nur zu unterbrechen und bei Fehlschlagen der Verhandlungen
fortzusetzen. In dieser fortgesetzten Betriebsversammlung sollte gegebenenfalls ĂŒber „weitere
Kampfmaßnahmen“ beraten und diese beschlossen werden. Schon aus dieser Formulierung
war erkennbar, dass es sich dabei um einen rechtswidrigen Missbrauch des Instruments
Betriebsversammlung handelt. Wie schon oben erwĂ€hnt, ist fĂŒr die RechtmĂ€ĂŸigkeit einer
Betriebsversammlung die Behandlung betriebsbezogener Themen (siehe § 39 Abs. 1 ArbVG:
HerbeifĂŒhrung eines Interessenausgleichs zum Wohl der ArbeitnehmerInnen und des
Betriebes), die auf der Tagesordnung bekanntzugeben sind, maßgeblich. FĂŒr die Teilnahme
an Betriebsversammlungen wĂ€hrend der Arbeitszeit besteht fĂŒr teilnehmende
ArbeitnehmerInnen ein Anspruch auf Arbeitsfreistellung, nicht jedoch auf Fortzahlung des
Entgelts (§ 47 ArbVG), es sei denn, entsprechende Regelungen im Betrieb (BV oder stÀndige
Übung) sehen die Bezahlung vor.
Sollten die Betriebsversammlungen und insbesondere die erwĂ€hnte „Fortsetzung“ ĂŒber eine
kurze, sachliche Information der Belegschaft ĂŒber den Stand der
Kollektivvertragsverhandlungen hinausgehen, wird keine Betriebsversammlung im Sinn
des ArbVG, sondern vielmehr eine Protestversammlung vorliegen.

Wie kann gegen Protestversammlungen vorgegangen werden?
Eine Protestversammlung ist als kurzfristige Arbeitsniederlegung anzusehen, fĂŒr die die
teilnehmenden ArbeitnehmerInnen mangels Leistungsbereitschaft grundsÀtzlich keinen
Entgeltanspruch haben. Dazu ist notwendig, dass der Dienstgeber konkret beweisen muss,
welche MitarbeiterInnen an der Protestversammlung teilgenommen haben, und
dementsprechende Aufzeichnungen erstellt. Sollte die Protestversammlung zu einer
unzumutbaren Störung des Betriebsablaufes fĂŒhren, kann der Betriebsinhaber beim
zustÀndigen Arbeitsgericht eine Unterlassungsklage einbringen und allenfalls auch eine
einstweilige VerfĂŒgung beantragen. Auch Zeit und Ort der Versammlung kann vom
Betriebsinhaber mittels Feststellungsklage verhindert werden, wenn er nachweist, dass die
vom Einberufer vorgeschlagenen Daten (Zeit und Ort) unzumutbar sind.

Wir haben in den letzten Jahren aber generell empfohlen, diese letztgenannten Mittel
nur in Ă€ußersten NotfĂ€llen einzusetzen, da wir eine weitere Eskalation bei den KV Verhandlungen
tunlichst vermeiden wollten.


Wirtschaftskammer Österreich
Bundessparte Industrie


Ende der Pflichtversicherung - Abmeldung bei Streik - Lohnsteuer

Ende der Pflichtversicherung - Abmeldung bei Streik - Lohnsteuer

Wenn Streiks ganz- oder mehrtĂ€gig laufen und der Dienstgeber fĂŒr diese Zeit kein Entgelt zahlt, endet die Pflichtversicherung auch bei aufrechtem DienstverhĂ€ltnis wegen Ende des Entgeltanspruches fĂŒr diese Zeit. Der Krankenversicherungsschutz besteht in der Regel fĂŒr Sachleistungen sechs Wochen weiter, fĂŒr Krankengeld betrĂ€gt die Schutzfrist drei Wochen. SRÄG 2006, BGBl. I Nr. 131/2006.
 
Pragmatisch wird jedoch von Seiten der Sozialversicherung bei sehr kurzen Entgeltunterbrechungen (bis zu drei Tagen) von einer Ab- und Anmeldung abgesehen. Allerdings reduziert sich dann die sozialversicherungsrechtliche Beitragsgrundlage entsprechend. Wenn die Dienstgeber Ab- und Anmeldungen tatsĂ€chlich erstellen, sind diese durchzufĂŒhren. Das Streikgeld wird beitragsfrei gewertet (Hauptverband 3.12.2013 Zl. LVB 51.1/13 Jv).

Lt Steuer-Richtlinie 6872 stellen Streikgelder der Gewerkschaft keine EntschĂ€digungen iSd § 32 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 dar, weil der Schaden freiwillig verursacht wird (keine EinkĂŒnfte iSd § 32 EStG).
 


Freistellungsanspruch gemĂ€ĂŸ § 116 Arbeitsverfassungsrecht?

BetriebsrÀtekonferenz

„Der Freistellungsanspruch besteht grundsĂ€tzlich nur fĂŒr betriebsbezogene Angelegenheiten, nicht fĂŒr ĂŒber- und außerbetriebliche AktivitĂ€ten (OGH 9 ObA 72/94, Arb 11.200 = infas 1994 A 138). FĂŒr die Teilnahme an Gewerkschaftsveranstaltungen ist nach der Rsp nur Freizeit gem § 116 zu gewĂ€hren, wenn den Betrieb betreffende Fragen (die zB fĂŒr den Abschluss eines KollV von Bedeutung sind) besprochen werden sollen, nicht aber, wenn die Gewerkschaftsversammlung der allg oder der allg gewerkschaftlichen Schulung (zB ĂŒber sozial- und tarifpolitische Fragen, Stand der Lohnverhandlungen) dient (OGH 4 Ob 118/76, ZAS 1977/26, 183 (Schön) = Arb 9535; 9 ObA 72/87, DrdA 1988, 258 = infas 1988 A 24; ausfĂŒhrlich zum Problem der Schulungs- und Informationsveranstaltungen Köck, BetriebsratstĂ€tigkeit 76 ff). Das Gleiche gilt fĂŒr die Teilnahme an einer von der Gewerkschaft veranstalteten Informationskonferenz, auf der die generell schlechter werdende wirtschaftliche Situation in den Betrieben und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Akkordsatz erörtert wurden, wenn im Betrieb des BR-Mitglieds eine Herabsetzung der AkkordsĂ€tze weder angekĂŒndigt noch beabsichtigt ist (OGH 9 ObA 73/87, DrdA 1988, 258 = infas 1988 A 24). Ein Anspruch auf Amtsfreistellun besteht auch dann nicht, wenn BR-Konferenzen nicht unmittelbar der Erörterung betriebsbezogener Angelegenheiten dienen, sondern nur dazu, der veranstaltenden Gewerkschaft Basisinformationen fĂŒr ihr weiteren Verhalten bei den nicht nur den Betrieb des AG betreffenden KollV-Verhandlungen zu verschaffen, auch wenn der KollV naturgemĂ€ĂŸ Auswirkungen auf den betreffenden Betrieb hat (OGH 9 ObA 19/94, Arb 11.176 = infas 1994 A 115). Kein Anspruch besteht ferner fĂŒr Tagungen einer Arbeitsgemeinschaft von BR, die dem Gedankenaustausch und der Erörterung allg sozialpolitischer Anliegen einer Berufsgruppe gewidmet sind, auch wenn die Ergebnisse der Tagung letztlich mittelbar doch Auswirkungen auf die Belegschaftsmitglieder haben können (OGH 9 ObA 121/89, DrdA 1991/11, 134 (krit B.Schwarz)). Auf derartige Veranstaltungen sind die Vorschriften ĂŒber die Bildungsfreistellung und nicht jene ĂŒber die Amtsfreistellung auch dann anzuwenden, wenn die vermittelten Kenntnisse zur odnungsgemĂ€ĂŸen Wahrnehmung der Aufgaben im Rahmen des ArbVG notwendig sind.“

Kommentar Mosler; Arb VG § 116 FreizeitgewÀhrung, Seite 2479