KV-Verhandlungen Metalltechnische Industrie: Klarstellungen
PRESSEINFORMATION
FMTI vermisst sachliche Argumentation
(Wien, 20.10.2022) In diesen Tagen finden Betriebsversammlungen in Betrieben der Metall-technischen Industrie sowie weiteren Metallbranchen statt. Die Gewerkschaften haben die-se MaĂnahme mit teils sehr unsachlichen und unseriösen Argumenten begrĂŒndet. Der Fach-verband Metalltechnische Industrie (FMTI) hat in der Verhandlungsrunde am Montag ein Angebot vorgelegt, das als Grundlage fĂŒr weitere Verhandlungen gedacht ist. Dazu einige Klarstellungen.
Was beinhaltet das Angebot?
Das Angebot der Arbeitgeber spiegelt die aktuell sehr angespannte wirtschaftliche Situation mit einer drohenden Industrie-Rezession und explodierenden Energiepreisen auch fĂŒr die Unternehmen wider. Es beinhaltet die Abgeltung der rollierenden Kerninflation von 4,1 % sowie die Möglichkeit von erfolgsabhĂ€ngigen Zahlungen.
Warum die Kerninflation als Grundlage?
Die Kerninflation ist ein volkswirtschaftliches Konzept zur Messung der Preisentwicklung, ein Index, den Wirtschaftsforscher wie das WIFO und Notenbanken zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und der Preisentwicklung verwenden. Die Kerninflation schlieĂt etwa Energiekosten aus der Inflationsbe-rechnung aus, da die enormen Preisschwankungen in diesem Bereich nicht innerhalb unserer Volks-wirtschaft entstehen, sondern importiert werden. BeschĂ€ftigte wie Unternehmen sind gleichermaĂen davon betroffen. Die Anti-Teuerungspakete der Bundesregierung gelten speziell diesen Anteil der nicht im Inland entstehenden Inflation ab.
Weshalb werden die Anti-Teuerungspakte der Bundesregierung eingerechnet?
Die Belastung durch die Energiepreise können die Unternehmen nicht allein schultern, denn auch sie sind stark davon betroffen. Gerade deshalb hat die Bundesregierung â und das ist einzigartig in der Geschichte der 2. Republik â mit ihren BeschlĂŒssen und MaĂnahmen bei mittleren Einkommen rund die HĂ€lfte der Jahresinflation ausgeglichen, bei geringeren Einkommen sind es sogar 100 % und mehr. Das ist zu berĂŒcksichtigen. Der FMTI ist bereit, einen fairen Beitrag zu leisten. In dieser schwierigen Zeit sind aber alle Beteiligten gefordert: Staat, Unternehmen und BeschĂ€ftigte.
Wenn der Staat die Teuerung ausgleicht, zahlen sich das die Arbeitnehmer:innen dann nicht selbst?
Der Staat sind wir alle, Unternehmen und BeschĂ€ftigte. Unternehmen schaffen ArbeitsplĂ€tze und zahlen gleich wie BeschĂ€ftigte ihre Steuern. Ohne funktionierende Unternehmen gibt es keine Arbeit und kein Steueraufkommen. Daher hilft der Staat in dieser auĂergewöhnlichen Situation den Menschen mit einem Teuerungsausgleich. Auch von der Krise betroffene Unternehmen, die sonst vielleicht schlieĂen mĂŒssten, werden unterstĂŒtzt. So erhalten wir ArbeitsplĂ€tze und sichern Wohlstand. Das ist ein Ge-meinschaftsprojekt und es mĂŒssen alle an einem Strang ziehen.
Christian Knill, Obmann des Fachverbands Metalltechnische Industrie: âDie Teuerungskrise betrifft uns alle und wir mĂŒssen uns auch alle auf einen gewissen Wohlstandsverlust einstellen. Aber es wird auch viel getan: Der Staat hat Milliarden in die Hand genommen, um die Auswirkungen der Teuerungen zu mildern. Auch die Unternehmen werden ĂŒber Lohn- und Gehaltserhöhungen einen wichtigen Beitrag leisten. Die Politik ist nun gefordert dafĂŒr zu sorgen, dass die Inflation mittelfristig wieder sinkt. Ăs-terreichs Industrie ist das RĂŒckgrat unserer Wirtschaft, daher mĂŒssen wir mit Verantwortung agieren und mit vernĂŒnftigen KV-AbschlĂŒssen dazu beitragen, dass es so bleibt. Wir sind zuversichtlich, dass uns das gemeinsam gelingen wird. Dazu braucht es aber auch Vernunft und die Bereitschaft, sachlich fundierte Argumente zu hören und anzuerkennen.â
Weitere Informationen:
https://www.metalltechnischeindustrie.at/kollektivvertrag/kv-verhandlungen-2022/
Hintergrund, Daten & Fakten:
KV-Grundlagen: Wirtschaftliche Eckdaten der Metalltechnischen Industrie
- Die Metalltechnische Industrie gehört zu den bestzahlenden Branchen, das monatliche Durchschnittsgehalt betrĂ€gt 4.700 Euro, der Durchschnittslohn 3.350 Euro und der Mindestlohn liegt bei 2.090 Euro. Die realen Löhne und GehĂ€lter in der Branche liegen im Schnitt zwischen 12 % und 28 % ĂŒber KV. Die BeschĂ€ftigten der Metalltechnischen Industrie konnten in den vergangenen Jahren regelmĂ€Ăig Reallohngewinne erzielen.
- Mehr als 85 % der Betriebe sind Familienbetriebe und mittelstĂ€ndisch strukturiert. Entsprechend heterogen ist auch ihre wirtschaftliche Entwicklung, dies gilt es in den KV-Verhandlungen zu berĂŒcksichtigen. Es sind nicht die erfolgreichsten Betriebe als MaĂstab zu nehmen, sondern alle Betriebe der Branche mit ihren sehr unterschiedlichen Voraussetzungen und Herausforderungen.
- Im Jahr 2020 verzeichnete die Metalltechnische Industrie aufgrund der Corona-Pandemie einen RĂŒckgang in der Produktion von 9,6 %, das entspricht einem Produktionswert von rund 3,6 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 erzielte die Metalltechnische Industrie einen Produktionswert von 43,8 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr ist das zwar ein Plus von 18 % (preisbereinigt), die reine Produktionsmenge ist aber laut den Unternehmen jedoch nur um rund 10 % gewachsen. Den Unterschied machen die enormen Preissteigerungen, die auch den Produktionswert in die Höhe treiben.
- Eine deutliche Mehrheit (59 %) der Unternehmen der Metalltechnischen Industrie hĂ€lt in den nĂ€chsten Monaten einen substanziellen Einbruch fĂŒr wahrscheinlich oder sogar sehr wahrscheinlich. Fast jedes dritte Unternehmen erwartet heuer ein negatives Ergebnis (EBIT).
- Das Industriewachstum ist deutlich geringer als das der Gesamtwirtschaft, wird 2022 laut WIFO bei rund 2 % liegen und im nĂ€chsten Jahr Richtung Null gehen. Die gesamtwirtschaftliche ProduktivitĂ€t lag 2021 bei Minus 0,3 %, fĂŒr 2022 wird ein geringes Plus von 0,3 % prognostiziert.
- Laut einer SchĂ€tzung der Wirtschaftskammer Ăsterreich sind durch die heuer wirkenden Anti-TeuerungsmaĂnahmen bei mittleren Einkommen mehr als 50 % der zusĂ€tzlichen Ausgaben aufgrund der ĂŒberdurchschnittlichen Inflation abgegolten, bei niedrigen Einkommen liegt die Abgeltung bei 75 % und bei sehr niedrigen Einkommen bei 100 % und mehr.
- Die Folgen der COVID-19 Pandemie belasten die Betriebe ebenso wie die gestiegenen Energiepreise und geopolitischen Verwerfungen. Die aktuell auĂerordentlich hohe Inflation ist zudem zu einem groĂen Teil importiert und betrifft die Unternehmen ebenso wie die BeschĂ€ftigten. Die durchschnittliche Inflationsrate lag in den zurĂŒckliegenden 12 Monaten bei 6,3 %.
Ăber die Metalltechnische Industrie
Die Metalltechnische Industrie ist Ăsterreichs stĂ€rkste Branche. Ăber 1.200 Unternehmen aus den Industriezweigen Maschinenbau, Anlagenbau, Stahlbau, Metallwaren und GieĂerei bilden das RĂŒckgrat der heimischen Industrie. Die exportorientierte Branche ist mittelstĂ€ndisch strukturiert, besteht zu mehr als 85 % aus Familienbetrieben und ist fĂŒr ein Viertel aller österreichischen Exporte verantwortlich. Zahlreiche Betriebe sind WeltmarktfĂŒhrer und âHidden Championsâ. Die Metalltechnische Industrie beschĂ€ftigt direkt mehr als 137.000 Menschen und sichert damit indirekt an die 250.000 ArbeitsplĂ€tze in Ăsterreich. Sie erwirtschaftete 2021 einen Produktionswert von rund 43,8 Milliarden Euro. Der Fachverband Metalltechnische Industrie, ein Zusammenschluss der ehemaligen FachverbĂ€nde Maschinen- und Metallwarenindustrie sowie GieĂereiindustrie, zĂ€hlt zu den gröĂten Wirtschafts- und ArbeitgeberverbĂ€nden Ăsterreichs und ist eine eigenstĂ€ndige Organisation im Rahmen der Wirtschaftskammer Ăsterreich.
RĂŒckfragen
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Dipl.-iur. Sabine Hesse, MBA
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